Ritterspiele auf der Ronneburgpreloader-image

Hessen l(i)ebt das Mittelalter

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„Is nur’n Kratzer“ sagen die Büdinger Schwertkämpfer

Finster und mitunter grausam war es, das Mittelalter. Die Zeit zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert. Und trotzdem fasziniert es uns auch heute noch. 

Wenn Marko, der Köhler und Silke, die Fürstliche auf ihren stolzen Rössern an der historischen Stadt Büdingen vorbeireiten, fühlt es sich an wie eine kleine Zeitreise. Angefangen hat für beide alles auf dem traditionellen Mittelalterfest in dieser Stadt, die zu den besterhaltenen mittelalterlichen Stadtanlagen Deutschlands zählt. Eine Stadt, die das Mittelalter lebt und liebt. Wo sonst kann man heute noch zum Ritter geschlagen werden? "Früher war Fechten mein Sport, dann habe ich mal die Schwertkämpfer beim Training beobachtet und einfach gefragt, ob ich mitmachen kann," erklärt Marko Appel seinen Einstieg in die Mittelalterwelt vor etwa 11 Jahren. 

Mittlerweile trainiert auch er in seiner Heimatstadt vor standesgemäß ritterlicher Kulisse, dem Jerusalemer Tor, mit der Schwertkampfgruppe "Is nur'n Kratzer". Sobald es das Wetter zulässt, sind die Mitglieder ein Blickfang im Stadtgraben. Zum Thema Kratzer lacht Marko: "Kratzer gab es viele, blaue Flecken unzählige und einen gebrochenen Daumen." 

Wer aber glaubt, der Schwertkampf wäre nur etwas für die männlichen Mittelalter-Fans, der irrt. "Ich fühl' mich bei den Kerlen wohl und wenn einer frech wird, kriegt er ein paar hinter die Ohren", stellt Silke Karnelka mit ein wenig Stolz in der Stimme schmunzelnd fest. Etwa zwei Drittel der Büdinger Schwertkämpfer sind Frauen. Die 38jährige Silke und Marko sind ein Kampfpaar: "Sobald wir uns sehen, schlagen wir uns die Köpfe ein". Das ist natürlich rein sportlich gemeint, aber in ihren Schaukämpfen gibt es ihn noch, den rauen Ton des Mittelalters.

Mit ihrer weißen Araberstute Ewina und dem Arabofriesen El Diamond sind die beiden der Hingucker der Truppe. Die Liebe zum Pferd kam bei Silke vor der Liebe zum Mittelalter. Aber je mehr sie sich für die Zeit interessierte, umso sicherer war sie sich, dass nur eine Rolle mit Pferd für sie in Frage kam. An ihrem bunten Gewand und dem auffälligen Kopfschmuck erkennt man eine Kriegerin der Awaren, ein östliches Nomadenvolk. Eine vermeintlich "standesgemäß" weibliche Rolle, wie Bauernmädchen oder Näherin, kam für Silke nicht in Frage: "Ich bin widerspenstig und zäh." Nach etwa zwei Jahren Training waren sie und Stute Ewina gut aufeinander abgestimmt.

"Das Pferd muss mitagieren, es gibt keine einstudierte Choreografie. Und der am Boden stehende Kämpfer muss auf das Pferd achten", weiß Schwertkämpfer Marko. Er ist oft eben dieser Kämpfer am Boden und dadurch in der schwächeren Position. Für den 47jährigen sind Training und Kampf das beste Workout, vor allem in schwerer Rüstung. Zum Verein Lebendiges Mittelalter in Büdingen gehören auch noch die Bogenschützen und die Tänzer, die Danze-Liut. Ähnlich wie das Drachenvolk Lindenfels im Odenwald, die Ritter von Königstein im Taunus oder die Knappenschule der Ritter vom Rheinberg im südhessischen Rheingau, findet man die Büdinger auf zahlreichen stimmungsvollen Festen und Märkten in Hessen.

Alle zwei Jahre empfängt Büdingen in den Gräben vor der Stadtmauer die neugierigen Zeitreisenden mit einem mittelalterlichen Lager. Mehr als 60 Handwerker zeigen die Künste vergangener Zeiten. Spielleute, Gaukler, Feuerschlucker und Tanzgruppen sorgen für viel Kurzweil. Über 150 Händler bieten Waren aus der ganzen Welt an. Abends sitzen die Teilnehmer im Lager bei Fackel- und Laternenlicht. Beim gemeinsamen Essen, Trinken, Reden und Feiern zusammen erleben sie fast schon einen kleinen Abenteuerurlaub. Das kann man in Büdingen übrigens auch als Gast. Sozusagen ein Mittelalterschnupperkurs. Dieses Jahr haben sich sogar Teilnehmer aus den Partnerstädten der USA und Rumänien angekündigt. Und auch Silke, die Fürstliche und Marko, der Köhler werden es sich nicht nehmen lassen, Ihre Kampfkünste unter Beweis zu stellen.

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