Der Schinderhannes im Werner-Senger-Haus

„Wenn diese Wände sprechen könnten, sie hätten so einige Geschichten zu erzählen“, erklärt Jürgen Müller mit stolzem Blick auf „sein Werner-Senger-Haus“. Seit 2016 hat der Gastronom das Haus gepachtet, das zu den ältesten in der Limburger Altstadt gehört. „Natürlich ist es eines der schönsten Häuser in Limburg“, schwärmt er. Dafür sorgt auch die außergewöhnliche Diamantquader Schattierung an der Fassade. Durch sie entsteht nicht nur ein 3-D-Effekt, sondern auch der Eindruck, es handele sich um ein gänzlich steinernes Haus mit aufgemaltem Fachwerk. Das Gebäude ist ein denkmalgeschütztes, gotisches Hallen-Fachwerkhaus aus dem 13. Jahrhundert, das über Jahrhunderte hinweg im Besitz wohlhabender Limburger Kaufleute war. Urkundlich erwähnt wurde das Haus erstmals 1274, erbaut schätzungsweise rund 20 Jahre zuvor. Da es beim großen Stadtbrand 1289 teilweise erhalten blieb, ist es heute das älteste, bekannte Haus der Limburger Altstadt.
Der Schinderhannes

1802 erlangte das Haus mit der Adresse Rütsche 5 große Aufmerksamkeit, als der Räuber Johannes Bückler, bekannt als „Schinderhannes“, verhaftet und in diesem Haus in einem winzigen Kerker im Keller eingesperrt wurde. Zu dieser Zeit befand sich im Werner-Senger-Haus eine Rekrutierungsstätte der kaiserlichen Armee, die auch Straftäter und Deserteure in Gewahrsam nahm. Der gesuchte Verbrecher „Schinderhannes“ wollte sich hier mit gefälschter Identität in ein neues Leben als kaiserlicher Soldat zu flüchten. Er wurde erkannt und bis zu seiner Überführung nach Mainz im Werner-Senger-Haus festgehalten. Jürgen Müller hat auf seiner Karte als Erinnerung an den berühmt-berüchtigten „Gast“ den Schinderhannes-Braten: „Ein gefüllter Spießbraten mit Zwiebeln und Speck, frischem Grillgemüse und selbst gemachtem Kartoffelstampf.“ So feudal hatte es der Räuber in seinem Verlies sicher nicht. Aber wer das Schinderhannes-Gefühl einmal erleben möchte, dem zeigt Jürgen Müller gerne den eindrucksvollen Gewölbekeller samt Gefängnis.