Gästeführer und Museumspädagoge Florian Saum am Gewichtswebstuhl in der Spinnerei im Grubenhaus des Freilichtlabors Laureshamm preloader-image

Freilichtlabor Laureshaum

Copyright Eye Icon© Hessen Agentur

Freilichtlabor Laureshaum

Das 9. Jahrhundert hautnah erleben.

Freilichtlabor Lauresham

„Hinter diesem Tor beginnt das 9. Jahrhundert,“ mit diesen Worten begrüßt Florian Saum die Besucher. Der Gästeführer und Museumspädagoge ist besonders gern im Freilichtlabor Lauresham vor den Toren der Stadt Lorsch. „Hier herzukommen bedeutet immer Entschleunigung. Alle Dinge fangen ganz von vorne an. Wenn ich essen will, muss ich sähen, ernten, Mehl herstellen und so weiter. Abläufe, die es in unserem modernen Leben kaum noch gibt,“ erklärt er. Als begehbares 1:1 Modell eines beispielhaften Herrenhofes aus der karolingischen Zeit ist Lauresham Geschichte zum Anfassen und vor allem zum Mitmachen. Schon im ersten Gebäude geht es los: Dort steht eine Handmühle, zum Mahlen von Korn. Solange keine Besucher da sind, ist sie allerdings abgedeckt. „Die Hühner kommen hier gerne her, ein Festmahl für sie,“ schmunzelt Saum und macht sich ans Werk. Mit purer Muskelkraft dreht er das Mühlrad und sammelt seine immer feiner werdenden Körner so lange wieder ein und mahlt weiter, bis tatsächlich ein feiner Mehlstaub entsteht. Spätestens jetzt erahnen die Besucher, warum ein fertiges Brot so ein wertvolles Lebensmittel ist.

Spinnerei im Grubenhaus

Weiter geht es zu Florian Saums Lieblingshaus. Das Grubenhaus beherbergt heute die Schau-Weberei. Beim Grubenhaus liegt der Boden tiefer als die Umgebung. Dadurch ist es innen kühler und feuchter. „Die höhere Luftfeuchtigkeit ist gut für die Flachsverarbeitung, es macht die Materialien geschmeidiger,“ erklärt Saum und zeigt auch gleich, wie es geht. Mit der Handspindel werden zunächst die Fäden gesponnen und dann am Gewichtswebstuhl zu einer Decke gewebt. Den Namen hat der Webstuhl, weil am Ende der Fäden Steine hängen, die sie straff halten. „Ich habe als Grundschüler schon gerne gewebt und nach und nach habe ich mir für das Projekt alles beigebracht. Spinnen, Weben, Kämmen, das sind alles sehr aufwendige Prozesse. Allein das Einhängen der Fäden im Webstuhl dauert etwa zwei Tage.“ Dass er als Mann am Webstuhl steht ist ungewöhnlich. Zumindest für das 9. Jahrhundert. Zu dieser Zeit waren solche handwerklichen Tätigkeiten Frauensache. „Die Frauen waren die eigentlichen Experten“, bemerkt Saum anerkennend.

Dorfidylle und Auerrinder

21 Gebäude gibt es an diesem Lieblingsort in Lauresham und jedes Haus beruht auf einem archäologischen Grundrissfund. Den Ort, wie er dort nachgebaut ist, hat es zwar so nicht gegeben. Aber man fühlt sich zeitversetzt, sobald man im Schutz der eindrucksvollen, hölzernen Umzäunung ins Dorfinnere tritt, vorbei an Schmiede, Herrenhaus und Stallungen schlendert und die freilaufenden Hühner beim Dösen im Schatten des tiefen Reetdachs beobachtet. Vor dem Schutzwall liegen landwirtschaftliche Nutzflächen und Gärten als erweiterte „Spielwiese für die Forschung“. Wein, Gemüse und Obst wächst hier. Auf den Weideflächen stehen Schweine, Rinder, Gänse und auch Schafe, die einen lebhaften Eindruck vom Aussehen der mittelalterlichen Nutztiere vermitteln sollen. Das Auerrindprojekt versucht außerdem Tiere zu züchten, die dieser ausgestorbenen Rasse besonders nahe kommen.