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Braunfels

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Das hessische Neuschwanstein

Mächtig erhebt sich das Schloss auf dem Felsen über dem kleinen Städtchen im Lahntal. Braunfels ist so sehr mit diesem Gebäude verbunden, dass es manche sogar liebevoll das Neuschwanstein Hessens nennen.

Gerhard Adam kennt jeden Winkel im Schloss und ist auch ansonsten durch und durch Braunfelser. "Es begrüßt Sie der älteste Mann im Ort, 400 Jahre gibt es uns Adams hier schon," lacht der pensionierte Geschichtslehrer. Dass ausgerechnet er so viel über die Stadt, ihre Häuser und das Fachwerk weiß, hat seinen Grund: "Ich war vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, als ich auf Geheiß meiner Eltern Freunde und Gäste durch unser schönes Braunfels geführt habe," erklärt der Mann, der somit auch Begründer der Stadtführungen ist. Das Schloss und seine Geschichte liegen Gerhard Adam besonders am Herzen. Seit 21 Generationen wird es von den Grafen zu Solms-Braunfels bewohnt. Aber was hat Braunfels nun mit Neuschwanstein zu tun? Als das berühmte Schloss in Bayern gebaut wurde, hat man auch das Schloss in Braunfels zum letzten Mal umgebaut, um etwas Besonderes zu erschaffen. Und: "Die Ururgroßmutter König Ludwigs war eine Gräfin zu Solms-Braunfels.

Geschichte und Geschichten

Braunfels lebt von kleinen, wenigen Fachwerkhäusern. Sie stehen alle unter Denkmalschutz und liegen in unmittelbarer Nähe zum Schloss. Durch schmale Gassen, vorbei an den Kleinoden der Stadt, erläuft sich der Besucher geschichtsträchtige Orte wie den Glockenturm. Der gehört eigentlich zur Schlosskirche. Aber weil damals dort kein Platz war, steht er nun eben einige Meter entfernt. Die Einwohner waren früher auch bekannt als Vorder- und Hintertäler, zwei Straßen, die beide zum Marktplatz führen. Das Vordertal lag früher innerhalb der Stadtmauern, das Hintertal außerhalb der Mauern. Und dann gibt es noch Straßen mit Namen wie Schütt: Weil dort nach dem großen Brand 1679 so viel aufgeschüttet worden war. Oder die Belzegasse. "Von Belzen, altdeutsch für kämpfen. In dieser Gasse wurden die letzten Kämpfe ausgefochten, bevor man den Schutz der Burg suchte", erklärt Gerhard Adam.

Ein Fachwerkhaus ist wie ein Buch

Das Besondere am Braunfelser Fachwerk ist seine Symbolik und Ornamentik. Und der engagierte Braunfelser Gehard Adam kann sie alle erklären. "Die halbe Muschel mit der Perle zum Beispiel, steht für Maria und Jesus." Die Spirale, die man häufig an den Holzbalken findet, ist Grundlage allen Lebens: Gut und Böse, Mann und Frau - das, was unsere Welt im Gleichgewicht hält. Aber Gerhard Adam kennt nicht nur alle Rätsel, die sich dem modernen Menschen kaum noch erschließen. Er hat bei der Renovierung seines Wohnhauses auch eines im obersten Balken versteckt. Gut sichtbar für jedermann steht hier geschrieben, wer in dem Haus wohnt. Aber ein bisschen knobeln muss man schon. "Ich bin bewusst nie hier weggegangen. Einer, der in Braunfels groß wird, den können Sie nicht verändern. Das sind familiäre Wurzeln, die können Sie nicht versetzen."

Geheimtipps: Vom Geniesser-Treff zum lehrreichen Kräuterpfad

Nächstes Jahr feiert die Konditorei Vogel in Braunfels ihr 50-jähriges Bestehen. Für die Einheimischen ist es aber einfach "der Genießer-Treff". Und wie man hier genießen kann. Ob die kleinen Pflastersteine, rotgefärbte Nougat-Crunch-Pralinen, die dem Bodenbelag im Schloss nachempfunden sind. Oder das Eichhörnchen-Törtchen, das so heißt, weil niemand genau weiß, wie viele Nüsse darin versteckt sind. Oder die neueste Kreation des Junior-Chefs Felix Vogel: Chérie Cherry - das Küsschen mit beschwipster Kirsche und einem kleinen Hauch Blattgold. Hier werden alle Genuss-Sinne angesprochen.

Bierbrauen ist eine Kunst.
Und deshalb ist der Familienbetrieb Brauhaus Obermühle besonders stolz darauf, seit über 10 Jahren sein eigenes Bier herzustellen: In der kleinsten hessischen Brauerei entsteht zum Beispiel der Schlawiner, ein Kellerbier in hell und dunkel. Beim Schlawiner Bierseminar weist der erfahrene Braumeister Achim Franzen seine Gäste in die Geheimnisse seiner Zunft ein. Im Braulabor können Gruppen von 8 - 12 Personen ihr eigenes Bier brauen. Der Braumeister entwickelt mit den Teilnehmern dies "leckere Gesöff". Die schlüpfen in die Rollen des Azubis, Brauers und Mälzers und brauen 200 Liter Bier.

Über die Lindenallee gelangt man auf einem verwunschenen Weg unterhalb des Schlosses zum Kräuterlehrpfad. Dort hat vor Jahren der Braunfelser Kräuterkundler Wolfgang Gerster den "Guten Heinrich" entdeckt, eine in Hessen bedrohte Heilpflanze. Um diese und weitere zu schützen, entstand im Rahmen des alljährlichen Kräutermarktes 2003 der Kräuterlehrpfad. Welche Bedeutung hat das Leinkraut oder was macht die Brennnessel so besonders? Informationstafeln geben Auskunft über die historische Bedeutung der Pflanzen. Als Medicus, Botaniker und Theologe Otto von Brunfels lädt Wolfgang Gerster auch zur Führung auf den Kräuterpfad ein. Besucher bekommen so einen Einblick in das naturwissenschaftliche Denken im frühen und mittleren 16. Jahrhundert.

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