Renaissanceschloss in Hadamarpreloader-image

Hadamar

Copyright Eye Icon© Thorsten Wagner

Die gläserne Stadt im Westerwald

DER Ort für Aschenputtel, ihren gläsernen Schuh zu verlieren, wäre sicher eine der historischen Treppen des Renaissanceschlosses in Hadamar.

Denn hier in Westerwalds Kleinstadtliebling beherrscht man sie schließlich, die einzigartige Fertigkeit aus Glas Kunst zu erschaffen. Im Glasmuseum, in der prachtvollen Wohnung der ehemaligen Fürstenfamilie, findet man auch Werke von Andreas Otto. Die Ausstellungsstücke erzählen aber nicht nur die Geschichte der kunstvollen Glasverarbeitung in Hadamar sondern auch seine eigene. Als ich ein kleiner Dotz war, wohnten wir gegenüber der Glasfachschule, mein Vater war dort Lehrer. Die Damen dort haben manchmal auf mich aufgepasst, und als Grundschüler habe ich meinem Vater das Pausenbrot vorbeigebracht, erzählt er. Heute unterrichtet der 58-Jährige selbst an der Schule, die vor über 70 Jahren heimatvertriebene Glasfachleute aus Nordböhmen ins Leben gerufen haben. Dass Andreas Otto selbst Glaskünstler wurde, dazu sollte es eigentlich nicht kommen. Denn nachdem bereits Bruder und Schwester die Glasfachschule besuchten, wünschte sich der Vater für seinen Sohn einen anderen Beruf.

3 Generationen Otto

Der junge Andreas setzt sich durch und macht 1988 seine Meisterprüfung. Mittlerweile sind einige seiner Werke, neben denen des Vaters und Großvaters, im Glasmuseum ausgestellt. Zum Beispiel sein Meisterstück mit dem Titel Hommage - in Würdigung des Vaters mit dessen Selbstportrait als zentrales Element. In acht Räumen des Renaissanceschlosses zeigt eine Dauerausstellung die Kunst heimischer Künstler: Lehrer, Schüler und Absolventen der Staatlichen Erwin-Stein-Glasfachschule in Hadamar. Wie zum Beispiel das vierteilige Wandrelief Touchscreen, für das Andrea Hebgen mit dem Glasveredlerpreis ausgezeichnet wurde. Das Glasveredeln ist eine der ersten Techniken, die wir lehren, erklärt Andreas Otto. Auch historische Glaskunst lässt sich in den Räumen des Museums bewundern sowie kostbar verzierte Variationen von Diatretglas. Hierbei ist das innere Gefäß von einem durchbrochenen Glasnetz umgeben.

Den Elbbach entlang

Betritt man nach dem Besuch des Museums den Innenhof des Renaissanceschlosses eröffnet sich ein wunderbarer Anblick auf das wahrhaft imposante Gebäude. Im Südflügel befindet sich die Schlosskirche von 1629 samt Glockenturm. Der Klang der Glocken ist überirdisch, schwärmt Andreas Otto. Dem Alltag entrückt ist auch der Übergang zum entzückenden Elbbachtal. Idyllisch plätschert der Bach am Schloss vorbei. Der bezaubernde, mit Bäumen gesäumte Weg lädt auf einen Spaziergang ein, während ringsherum die Vögel zwitschern. In einem Moment der Ruhe kann man verstehen, warum Andreas Otto seiner Heimatstadt immer treu geblieben ist.

Ich hatte eine wundervolle Kindheit und Jugend am Elbbach und im Hadamarer Wald, erklärt der Westerwälder. Noch heute ist er am Liebsten täglich hier unterwegs auf den vielen naturnahen Wegen. Über ihm kreist ein roter Milan, der seinen Weg zu begleiten scheint. Wer hier entlang geht, sollte sich die Nepomuk-Brücke nicht entgehen lassen. Die Steinerne Brücke, wie sie eigentlich heißt, gibt einen wunderschönen Blick frei auf den Bachlauf. In der Mitte thront die Statue des Hl. Nepomuk aus rotem Sandstein.

Vom Hirsch- zum Herzenberg

Einer von Andreas Ottos Lieblingsorten ist der Herzenberg, von dem aus Hadamar dem Besucher zu Füßen liegt. Eigentlich hieß es ursprünglich Hirschberg, doch die Nassauer Fürsten haben nicht nur sprichwörtlich ihr Herz an diesen Ort verloren, erklärt er. Oben auf dem Berg steht eine kleine Kapelle, in deren Inneren die Herzen von vier Fürsten hinter prächtigen Herzgrabsteinen bestattet sind. Die Tradition der Herzenbestattung hatte ihren Höhepunkt im 17. Jahrhundert. Das Herz als Sitz der menschlichen Seele, der Gefühle und der Liebe schlug für die Fürsten in Hadamar eindeutig für diesen Ort.

Wem dies in Anlehnung an Edgar Allan Poes Tell tale heart doch zu schaurig erscheint, der kann direkt neben der Kapelle die Schönheiten des Rosengartens bewundern. Auf 3.200 Quadratmetern blühen tausende Pflanzen, Sträucher und Blumen. Vor allem aber etwa 2.000 Rosen in 200 Sorten. Von England bis Japan sind hier alle herausragenden Gartenkünste vertreten. Und mittendrin: Der Dragonfly Wing von Andreas Otto. Je nachdem von welcher Seite man schaut, schimmert das Kunstwerk eher bläulich oder gelblich. Aber zart und filigran wie der Flügel einer Libelle.

Geheimtipps: Rund um den Galgenberg mit Hessen Tapas „durch das Raue zu den Sternen“

Den namensgebenden Galgen findet man heute auf dem Galgenberg nicht mehr. Von mutigen Gymnasiasten wurde er vor über 100 Jahren abgerissen. Jetzt ist er Hadamars Naherholungsgebiet, mit einem wunderbaren Rundumblick zum Süden über das Limburger Becken bis zum Feldberg im Taunus. Im Norden erheben sich die Höhen des Westerwalds. Rundherum führen Wanderwege durch Wald, Felder und vorbei an Felsvorsprüngen. Zu Füßen des Galgenbergs liegt der Stadtteil Faulbach mit dem kleinen gemütlichen Scheunencafé. Eckard Egenolf, Bio-Landwirt erster Stunde, verwöhnt hier persönlich seine Gäste. Im Bio-Hofladen werden nicht nur die eigenen landwirtschaftlichen Produkte verkauft, sondern auch Feinkost und stattliche 70 Sorten Käse.

Grüne Soße, Kräuterbutter, Frikadelle und Dippekuche (Westerwälder Kartoffeltopfkuchen) in appetitlichen Häppchen. Das und noch andere Leckereien sind die Hessen Tapas im Ringhotel Nassau-Oranien, einem 4-Sterne-Hotel im historischen Stadtkern von Hadamar. Die kleinen Köstlichkeiten sind ein Gaumen- und Augenschmaus im besonderen Ambiente der historischen Räume Grand Mère und Gud Stubb im denkmalgeschützten Ensemble aus Fachwerkhäusern, oder bei schönen Wetter auf der schönen Dachterrasse. Dazu ein Hadamarer Herzenbergwein aus tiefblauen Dornfelder Trauben und der Genussmoment ist perfekt.

Wer das Paradies entdecken möchte, sollte mit etwas Zeit und Muße an dem beeindruckenden Fries von Karl Wilhelm Diefenbach mit seinen entzückenden Details im Obergeschoss des Stadtmuseums entlangschlendern. Der in Hadamar geborene Künstler gilt als Wegbereiter der Alternativbewegung, der Freikörperkultur und der Friedensbewegung. Sein Schattenfries Per aspera ad astra (durch das Raue zu den Sternen) ist eines seiner bedeutendsten Werke und zeigt Diefenbachs Lebenstraum. Auf 34 Einzeltafeln mit einer Gesamtlänge von 68 Metern gestaltete der Künstler sein Ideal von einer lebensfrohen Welt im Einklang mit der Natur - herumtollende Tiere und Kinder. Der Fries entstand im Jahr 1892, fast 100 Jahre später erwarb ihn die Stadt Hadamar von einem Enkel des Künstlers.

MEHR
AUS HESSEN

vergangenheit zum anfassen

GrimmHeimat NordHessen

Groß-Umstadt
Eine Insel für den Wein

Westerwald
Frisch und unverbraucht