Blick über Tannpreloader-image

Tann

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Geschichte(n) aus der hessischen Rhön

Umgeben von saftigem Grün liegt der Kleinstadtliebling Tann am Rande der hessischen Rhön.

„Meine früheste Kindheitserinnerung ist, wie ich in Tracht im Museumsdorf in Tann Gelee verkaufe,“ erzählt Konrad Kirchner. Kein Wunder also, dass das Freilichtmuseum mit seinen drei über 200 Jahre alten Rhönhöfen eines seiner Lieblingsorte ist. Der 23-jährige Lehramtsstudent ist Tanns jüngster Stadtführer und nicht nur dadurch mit dem Städtchen in der Rhön verbunden. Wenn zu besonderen Anlässen das Museumsdorf, der Dreiseithof, der Zweiseithof und die zahlreichen Nebengebäude zu bäuerlichem Leben erwachen, ist Konrad Kirchner immer noch dabei. „Im Backhaus von 1848 wird dann traditionell Zwibbelsploatz gebacken, Zwiebelkuchen nach Rhöner Art, herrlich,“ schwärmt der junge Mann. Ihn selbst findet man dann meistens am historischen Handwebstuhl im Hüttnerhof, dem kleinsten bäuerlichen Anwesen. „Hier zeige ich dann, wie im 18. Jahrhundert gewebt wurde. Da sitzen sogar ab und zu kleine Kinder neben mir und weben mit, das ist ein tolles Erlebnis, auch für mich.“ Die Häuser im Rhöner Museumdorf wurden allesamt aus der Umgebung von Tann Stück für Stück ab- und dann auf dem abgebrannten ehemaligen Gutshof des Schlosses derer „von und zu der Tann“ wieder aufgebaut. Dabei wurden nicht nur alte Baustoffe benutzt, sondern auch Arbeitstechniken, die der Entstehungszeit der Häuser entsprachen, verwendet. „Man konnte hier als Kind den ganzen Tag verbringen und super schön Verstecken spielen,“ erzählt Konrad Kirchner.

Drei Schlösser und eine springende Forelle

Nur wenige Schritte vom Museumsdorf entfernt, erreicht man das Tanner Schloss, oder eigentlich vielmehr die Tanner Schlösser. „Die farblich abgesetzten Gebäudeteile bilden jeweils einen anderen Schlosstypus,“ erklärt der Stadtführer. Das Schloss und seine Bewohner haben es ihm besonders angetan: „Meine Schulfächer sind Latein und Geschichte und das lebe ich auch. Einen Teil meiner Abschlussarbeit habe ich diesem Schloss und der Adelsgeschichte gewidmet.“ Das Rote, das Blaue und das Gelbe Schloss sind nicht nur zu unterschiedlichen Zeiten zwischen 1513 und 1693 erbaut worden, sie stehen auch für die unterschiedlichen Linien innerhalb der adeligen Familie.

Das Blaue Schloss mit seinem achteckigen Außenturm ist ebenfalls ein Lieblingsort von Konrad Kirchner. „Hier bleibe ich besonders gerne stehen. Er ist frisch restauriert und man kann die Inschriften unter den Fenstern wieder studieren.“ Die Namen von 17 Kindern des Erbauers sind in einer Sandsteintafel zu erkennen. Das Wappenschild der „von der Tann“ – damals noch in der Schreibweise „Than“ findet sich ebenfalls hier: ein mit dem Rücken nach oben gekrümmter Fisch. Die „springende“ Forelle ist das Wappentier der Familie Tann und findet sich auch an anderer Stelle in der Stadt, wie zum Beispiel am barocken Schlossbrunnen von 1686.

Entlang der Marktstraße

Wunderschöne Fachwerkwerkhäuser mit faszinierenden Details reihen sich in der zentralen Straße von Tann aneinander. Allerdings nur auf einer Seite. „Die Schlossseite der Stadt hat viele historisch wertvolle Gebäude, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen“, weiß Konrad Kirchner zu berichten. Auf der gegenüberliegenden Seite mit Rathaus und Marktplatz sind einzelne Gebäude, wie zum Beispiel die Stadtkirche, „erst“ um 1900 entstanden, nachdem ein Brand 1879 große Teile der mittelalterlichen Bebauung zerstört hat. „Das älteste Haus, das wir hier auf der Marktstraße haben, ist das Elf-Apostel-Haus. Es ist um 1500 gebaut worden.“ Die prächtigen Fachwerkschnitzereien laden auch den Tann-Kenner immer wieder zum Verweilen ein. Der genaue Betrachter stellt erstaunt fest, dass nicht elf Apostel dargestellt sind, sondern Christus mit zehn Aposteln. Ein elfter Apostel ging im Verlauf der Zeit verloren. Es wird vermutet, dass er sich am rechten Eckbalken befand. 

Mit einem weniger kleinen Detail zieht das Ochsenbäckerhaus die Blicke der Besucher auf sich. Ein imposanter Sandsteinochse thront über dem Eingang des Gebäudes aus dem Jahr 1592. Warum es so heißt und was der Ochse zu bedeuten hat, darum ranken sich einige Mythen, erzählt Konrad Kirchner. Eine Geschichte besagt, dass ein Ochsenhändler in eine Bäckersfamilie eingeheiratet hat und sich von seiner eigentlichen Passion nicht trennen konnte. Tatsächlich befand sich in dem Haus früher eine Bäckerei, dann auch eine Metzgerei und jetzt wird es als Buchhandlung genutzt. Tann in der Rhön hat wirklich einiges an Geschichte und Geschichten zu erzählen und zu entdecken.

Geheimtipps: Von den Museumsgeistern zum größten aller Windbeutel und einer Trauung im Stadttor

Der „Professor“ lädt zu einem besonderen Rundgang durch das Freilichtmuseum Rhöner Museumsdorf ein. Abends, wenn es dunkel wird erwacht das Leben in den alten Gemäuern, Häusern und Kellern auf besonders schön-schaurige Art und Weise. Geschichten über Geistererscheinungen, Spuk und unheimliche Begegnungen jagen den Besuchern im Schein der Laterne einen wohligen Schauer über den Rücken. Ruhelose Seelen, die nicht loslassen können, sollen bis heute hier in Unwesen treiben. Im und um das Museumsdorf streifen sie durch die Dunkelheit. Wer weiß, vielleicht trifft man den en oder anderen Museumsgeist dort leibhaftig. Die Gruseltour mit Reiseleiter Oliver Tunk (alias der Professor) dauert 1 1/2 Stunden, wer als tapferer Geisterjäger durch die Dunkelheit schleichen möchte, kann sich bei der Tourist-Information über Termine informieren. 

„Wow, ist der groß“ und gleich danach: „Mensch, ist das lecker!“ Schon allein beim Anblick des riesigen Windbeutels im Café Fabula im Museumsdorf lässt er jedem Gast das Wasser im Mund zusammenlaufen. Wer befürchtet, dass hier die Kalorien länger auf der Hüfte bleiben als der Geschmack auf der Zunge, den kann Fabula-Wirt Reinhold beruhigen: „Ist nichts als gute Rhöner Luft.“ Und natürlich das köstliche Bauernhofeis, mit dem der Windbeutel gefüllt ist. Auf der schönen Terrasse umgeben von herrlich bunten Blumen lässt es sich diese Köstlichkeit wunderbar genießen. Im Keller unterhalb des Cafés entführt der Gastgeber in die sagenumwobene Welt von Tann und der Rhön. Im Sagenkeller in der ehemaligen Brauerei werden Mythen für die Besucher zum Leben erweckt. 

Aus Richtung Hilders kommend wird der Besucher vom Oberen Stadttor empfangen. Dieses Wahrzeichen der Stadt mit seinen runden Türmen und welschen Hauben gibt durch den Torbogen den Weg frei in Richtung Marktplatz. Seit seiner Erbauung von 1557-1553 hat der Bau so einiges erlebt: Wachstube, Gefängnis, sogar eine Jugendherberge und bis Mitte der 60er Jahre noch Wohnung für zwei Familien. Mittlerweile informieren in der Wachstube bebilderte Tafeln nicht nur über die Baugeschichte des Tores und der Stadtmauern, sondern auch über berühmte Persönlichkeiten aus Tann, über bedeutende Bauwerke innerhalb der Stadt, die Geschichte der jüdischen Einwohner Tanns oder andere wichtige historische Ereignisse. Die Wachstube ist außerdem einer der außergewöhnlichsten Trauorte der Stadt Tann. Mit bis zu 20 Personen können sich hier Verliebte im besonderen historischen Ambiente standesamtlich trauen lassen.

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